Fleiß, Hammer und Eisen
Beim ersten Besuch in Krahne war Mark Radler nicht mehr dazu gekommen, das nahegelegene Naturschutzgebiet „Krahner Busch“ aufzusuchen (siehe MR No19, Erfahrung 1). Fast ein Jahr später wurde das Verpasste nachgeholt. Nachdem der „Busch“ erkundet ist (s. MR No31), geht Erfahrung 3 – entlang der Planeniederung – in südöstliche Richtung nach Golzow weiter.
Der Fleiß der Frau von Luck
Vom Krahner Busch sind es gut 6 km bis nach Golzow, dem nächsten vorgemerkten Ziel dieser Erfahrung. Viel ist von dieser Strecke ja nicht zu berichten, sieht man einmal von der langgestreckten Siedlung mit dem eigenartigen Namen „Lucksfleiß” ab. Es handelt sich um eine kleine Kolonie, die 1777 bis 1779 von einer Frau von Luck angelegt worden sein soll. Im 18. Jahrhundert waren solche künstlichen Ortsnamen in Gebrauch bzw. in Mode gekommen, womit bei den Neusiedlern wohl positive Assoziationen geweckt werden sollten. Man kann das durchaus als modernes und geschäftstüchtiges Marketing bezeichnen. Offensichtlich hatte die gute Frau von Luck fleißige und strebsame Märker als Neusiedler im Sinn. Na ja, so nehmen wir uns die fleißige Frau Luck zum Vorbild und radeln fleißig weiter in Richtung Golzow.
Hammer und Eisen
Nach etwa 1,5 km kommen wir an einem Hinweisschild „Hammerdamm“ vorbei, das zu einem kleinen Wirtschaftshof führt. In alten Karten findet sich hier die Bezeichnung „Vorwerk Hammerdamm“. Vorwerke waren früher so eine Art Außenstelle eines großen Gutsbetriebes. Und die Gebäude, die z.T. aus seltsamen Feldsteinen bestehen, sehen tatsächlich wie Wirtschaftsgebäude aus. Aber warum heißt das hier „Hammerdamm“? Dazu finden sich in dem kleinen Reise- und Erlebnisführer über das Baruther Urstromtal von Jan Feustel erstaunliche Informationen. Danach befand sich nahe der kleinen Stadt Golzow eine bedeutende Eisenerzlagerstätte, wobei es sich hier um Vorkommen so genannten Raseneisenerzes bzw. Raseneisensteins handelt, der ein verfestigtes Gemenge aus Sand, Tonerden und Eisenoxyden (Rost) ist, das innerhalb von Flussniederungen im Schwankungsbereich eisenhaltigen Grundwassers entsteht. Das dabei gelöste Eisen wird nahe der Oberfläche durch den Kontakt mit Sauerstoff ausgefällt und kristallisiert mit der Zeit unter Einwirkung von Mikroorganismen zu Brauneisen. Das kann man also glatt als – langsam – nachwachsenden Rohstoff bezeichnen, wobei man schon reichlich Geduld benötigt, denn der Entstehungszeitraum von Raseneisenstein erstreckt sich je nach Vorkommen über hunderte bis tausende von Jahren. Vor allem im norddeutschen Flachland entstanden nach der letzten Eiszeit regelrechte Raseneisenerz-Lagerstätten, die bis über einen halben Meter Mächtigkeit erreichen können und in Brandenburg bis ins 19. Jahrhundert kommerziell abgebaut wurden. Genau dies wurde auch hier bei Golzow betrieben, handelt es sich doch um eine der eisenreichsten Gegenden des gesamten Urstromtals. Und nun kommen wir auch zu einer plausiblen Erklärung für den Namen „Hammerdamm“. Das Erz lagerte hier nämlich in Nestern, die selten tiefer als einen halben Meter unter der Oberfläche lagen. Um die Fundstellen auszumachen, wurden spitze Eisenstangen in den Boden geschlagen (gehämmert). Wo man auf Widerstand stieß, konnte Eisenerz vermutet werden. Der Boden wurde aufgegraben und das Erz abgebaut. Dabei soll es wahre „Künstler“ gegeben haben, die anhand veränderter Vegetation solche Nester ziemlich zielgerichtet aufspüren konnten. Das ist durchaus glaubwürdig, denn der Raseneisenstein war ja nicht nur nicht durchwurzelbar, sondern bildete vermutlich auch eine Stauschicht, was beides auf Wuchshöhe oder gar Artenzusammensetzung der Vegetation Einfluss nehmen dürfte. Mit Erfahrung und geschärftem Blick mag dies einem talentierten Eisenhauer aufgefallen sein. Auf solche Eisenhauer, die mit ihren Stangen die Rasenerznester „erhämmerten“, soll sich der Name „Hammerdamm“ beziehen. Man kann sich das gut vorstellen, dass zur Erschließung des Eisenvorkommens in der nassen Niederung ein Damm angelegt werden musste, um den herum dann die Eisenhauer mit ihren Hämmern lärmten. Das Raseneisenerz war freilich allgemein von minderer Qualität und konnte daher nur zur Herstellung von Alltagsgegenständen verwendet werden. Waffenfähig war das heimische Erz zum großen Bedauern märkischer und preußischer Herrscher und Militärs jedenfalls nicht. Wen das Thema Raseneisenstein und vorindustrielles Hüttenwesen interessiert, dem sei wärmstens das Peitzer Hüttenmuseum empfohlen.
Noch eine weitere Erklärung bietet uns Jan Feustel: Der Raseneisenstein wurde vielfach auch als Baustein verwendet, so z.B. im Vorwerk Hammerdamm. Aber auch in der Muschelgrotte in Potsdam oder der mittelalterlichen Stadtmauer von Dahme sind solche Raseneisensteine verbaut worden (und können dort betrachtet werden).
Und da wurde zum Anfang dieses Artikels doch glatt behauptet, dass es vom Weg nach Golzow nicht viel zu berichten gäbe.
MARK RADLER will return …
(Anmerkung vom Mai 2019: In MR No65 „Der Eisenhammer von Klein Briesen“ wird mehr über die Verwertung der Hammerdammer Erzvorkommen berichtet.)