lädt…

Mark Radler

Notizen aus der Provinz

Duster Reckahn

No12 / 9. Februar 2017

Im dustern Reckahn

Erfahrung 1 – Reckahn (7). Wir schreiben das Jahr 2015. Mark Radler erradelt den südlichen Außenbereich des Havellandes und erkundet gerade das Örtchen Reckahn im Planetal.

Mark Radler auf Wallfahrt

Nachdem ich neben dem Alten Gutshaus zu Reckahn das kleine Richtungsschild mit der Aufschrift „Burgwall“ erblickt habe (s. MR No11), gibt es für mich nur noch ein Ziel, und so mache ich mich sofort auf den Weg und folge gespannt dem Richtungsschild nach Nordwesten. Nach einigem Geradel, es mögen inzwischen etwa knapp anderthalb Kilometer sein, führt mich der Weg auf eine Autobahnüberführung, an der ich dann stoppe. Bis hierhin gab’s keinen weiteren Hinweis auf einen Burgwall. Passend zum gesuchten Ort, nämlich duster, überkommt mich eine Erinnerung an die Wanderkarte im Ortszentrum von Reckahn, auf der der besagte Schlosswall, soweit ich mich erinnere, nicht allzu fern von der Ortschaft eingetragen war. So drehe ich doch lieber um. Auf der „Rückfahrt” nach Reckahn fällt mir dann rechterhand ein alter, dunkler Hain mit alten Eichen auf.

Eichenhain

Nicht ganz unerfahren in Sachen Burgwall schöpfe ich neue Hoffnung, halte an und schlage mich sofort ins düstere Dickicht, wo ich auch sogleich auf deutliche Wall- und Grabenstrukturen stoße. Das muss er sein, der gesuchte Burg-,  Schloss- oder Ringwall.

 

Unangebrachtes Schilderschweigen

Und ich frage mich mal wieder leicht verzweifelt, warum die einen erst von Reckahn aus per Richtungsschild zu diesem Burgwall locken, um dann in absolutes Schilderschweigen zu verfallen. An diesem Ort, der uns tausendjährige Geschichte nahebringen kann, da wäre doch allemal eine Infotafel angebracht. Oder doch wenigstens ein hinweisendes Schild: Burgwall. Wäre angebracht. Ist aber nicht. Früher hat mich so etwas sehr geärgert, heute sehe ich darin eher einen Ansporn. Auch wenn es sehr schade ist, dass dadurch so viele Chancen authentischer Geschichtsvermittlung vertan werden.

Wallstruktur im Eichenhain

Ein Ringwall mit Ecken und Kanten?

So mache ich mich auf meine eigene Erkundung. In dieser dichten Vegetation ist es jetzt allerdings schwer einen Überblick über die Struktur der Anlage zu bekommen. Da wären Winter oder frühes Frühjahr besser geeignet. Auf jeden Fall erkennt man ein planerisches System, Wall und Graben sichern eine Kernfläche, aber eigenartigerweise ist hier kein runder Wall zu sehen, sondern eine eckige Anlage, für eine slawische Wallanlage völlig untypisch. In der Infotafel im Ort war doch aber von einer slawischen Ringwallanlage die Rede.

Westrand der Wallanlage

An der westlichen Seite stoße ich auf einen Graben, der mir schon vom Weg her aufgefallen war. In meiner Karte wird der als Gänsegraben bezeichnet und mündet nördlich von hier in die „Alte Plane”. Viel spricht also dafür, dass diese Wallanlage die alte Plane gesichert hat, bzw. einen Übergang über diese.

Blick über den Gänsegraben

Nach der etwas überraschenden Aussicht über den Gänsegraben wende ich mich wieder dem dunklen Eichenhain zu. Das ist also Duster Reckahn. Duster ist es hier wirklich.

Dustre Gedanken

Duster Reckahn

Meine Gedanken wandern in die Vergangenheit. Was mag hier mal gestanden, wer hier gelebt haben? Hat es vielleicht Kämpfe um diesen dustern Ort gegeben? Der Fantasie sind erstmal keine Grenzen gesetzt, zumal ich (noch) fast nichts über diese rätselhafte Anlage weiß. Und in diesem Moment bin ich fast dankbar, dass meine Fantasie noch nicht durch Informationen einer Infotafel beschränkt wird. Duster Reckahn, Dusterreckahn, denke ich. Und rieche dazu die feuchte Erde, den leichten Moder.

Alte Eiche in Duster Reckahn

Meine Verwunderung wäre in diesem Moment nicht sehr groß, wenn mir hier plötzlich ein Schattenwolf entgegen träte. Etwas unheimlich ist es hier schon, in diesem dunklen Hain, unter diesen alten Eichen. Der Winter naht, kommt mir amüsiert in den Sinn. „Game of Thrones” in der Mark.

Ein Wall für zwei?

Und dann geht mir das Rätsel des eckigen Ringwalls wieder durch den Kopf. Dazu fällt mir wieder der Name auf der Wanderkarte ein: „Schloßwall“. Das würde eher passen. Dann wäre das hier der Rest einer frühdeutschen Anlage. Gibt es in Reckahn womöglich eine zweite Wallanlage? Spekulationen helfen nun nicht mehr weiter, jetzt brauche ich Fakten. Die werde ich heute leider nicht mehr bekommen. Oder finde ich im Schloss-Museum eine schnelle Aufklärung? Dafür sollte so ein Museum doch gut sein. Noch einmal tief durchatmen, im dustern Reckahn, dann geht’s zurück zum Schloss.

Mark Radler will return …

(Anmerkung vom Mai 2019: In MR No27 „Wallfahrt nach Reckahn“ wird das Rätsel des dustern Reckahns bzw. des dortigen Burgwalls aufgeklärt.)