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Mark Radler

Notizen aus der Provinz

Wartehalle Bahnhof Krahne

No17 / 26. Februar 2017

Verpasster Anschluss in Krahne

Erfahrung 1 – Krahne (2). Wir schreiben das Jahr 2015. Mark Radler radelt vom fasten Ende der Welt (Meßdunk) nach Krahne am Rande des Planetals.

Kontaktschwierigkeiten

Kurz vor Krahne passiere ich erneut die Trasse der ehemaligen Brandenburgischen Städtebahn und biege kurz danach in die Bahnhofsallee ein. Bahnhofsallee, das klingt nach etwas Großem. Vielleicht gibt’s hier sogar einen sehenswerten Bahnhof. Da ich gerade über die ehemalige Bahntrasse gefahren bin, wird der Bahnhof jetzt wohl hinter mir liegen, also im Westen von Krahne. Kurzentschlossen drehe ich um und bin auch schnell dort. Neben bzw. vor dem dann doch nur gewohnt unscheinbaren Gebäude hängt eine ältere Frau in ihrem Garten gerade Wäsche auf. Ihr misstrauischer Blick ist nicht zu übersehen, also starte ich sofort das „Entspannungsprogramm”. Ich sehe die Frau freundlich an, aber bevor ich überhaupt etwas sagen kann, hat sie ihren Blick mit finsterer Miene schon abgesenkt. Nun, das ist ja nichts Neues, Märker gehören nun mal nicht zu den offensten Menschen. Betont freundlich – und laut genug – grüße ich mit einem „guten Tag” und ernte: nichts. Verstehe. Kein Anschluss unter dieser Nummer. So wende ich mich erstmal dem Bahnhof zu, der vom Aufbau her den Gebäuden in Göttin und Reckahn entspricht. Auch dieser hier wird offensichtlich inzwischen privat genutzt.

Bahnhof Krahne

Außer dem Bahnhofsgebäude sind noch einige Nebengebäude, der Seitenbahnsteig und eine relativ moderne Wartehalle vorhanden. Die Gleise der 2003 stillgelegten Strecke sind dagegen längst abgebaut. Eine melancholische Stimmung macht sich in mir breit. Wie gerne würde ich jetzt in so eine dunkelrote „Ferkeltaxe” einsteigen und von hier bis Golzow oder Belzig weiterfahren. Oder noch besser: zurück nach Brandenburg. Obwohl diese so genannten Ferkeltaxen ja nun wirklich nicht für die Mitnahme von Fahrrädern ausgelegt waren. Trotzdem. Und vor jedem Bahnübergang würde der kleine Triebwagen zweimal piepen. Aber es bleibt still, kein Dieselmotor und kein Gepiepe sind zu hören. Da bemerke ich im Augenwinkel nahe des Bahnhofgebäudes eine Bewegung und schaue sofort hin.

Alter Fahrradständer

Was für eine Vorstellung!

Hinter einem kleinen Nebengebäude lugt die „Wäschefrau” von eben hervor, noch immer mit recht finsterer Miene. Als sie sich „ertappt“ fühlt, verschwindet sie sofort wieder hinter der kleinen Baulichkeit. Das erinnert mich jetzt an Kasperletheater aus fröhlichen Kindertagen. Gespannt warte ich auf den nächsten Auftritt. Natürlich von „Gretel“, denn wer käme hier sonst in Frage? Und tatsächlich, nach kurzer Zeit taucht „Gretels“ Kopf wieder hinter der Gebäudekante hervor. „Tritratralala, die Gretel ist schon wieder da.“ Und ist sofort wieder weg, als sie sich in meinem Blicke wähnt – und bevor ich sie erneut freundlich grüßen kann. Was für eine Vorstellung! Beinahe hätte ich vor Vergnügen laut aufgejauchzt. Für einen Moment fühle ich mich in meine Kindheit zurückversetzt und erwarte spannend-lustige Unterhaltung. Vielleicht kommt jetzt der Seppel mit dem Wachtmeister. Gebannt schaue ich eine Weile in Richtung „Theaterbühne“, aber die Vorstellung scheint zu Ende zu sein. Schade. Wieder ganz sachlich halte ich „Gretel“ zu Gute, dass sie sich immerhin kümmert. Vielleicht fürchtet sie ja, dass ich in diesem Spiel hier der böse Räuber bin und womöglich die Wartehalle, das gute Stück, oder sonst was mitgehen lassen oder in die Luft jagen will. Die Gegend hier birgt ja ihre Gefahren. Ist nur gerade einmal 107 Jahre her, das mit dem blutigen Drama von Krahne (s. MR No16). Aber was soll’s, so widme ich mich wieder dem ehemaligen Bahnhof Krahne und mache einige Fotos.

An der (Bahnsteig-) Kante

Für den morbiden Charme solcher vergänglichen Baulichkeiten habe ich nun mal eine große Schwäche, auch wenn ich hier und jetzt doch lieber ein Stück mit der Bahn weiterfahren würde.

Wartehalle Bahnhof Krahne

Fast geknackt

Nach getaner „Arbeit” gehe ich zurück zur Bahnhofsallee und erblicke erneut meine „Gretel“, die wieder ihre Wäsche aufhängt. Immerhin hat sie sich nicht vollkommen verkrochen, was ich als ermutigendes Zeichen werte. Mit größtmöglicher Freundlichkeit versuche ich den Anschluss doch noch hinzubekommen: „Einen wunderschönen guten Tag!”. Aufblicken tut sie zwar nicht, aber immerhin vernehme ich ein leise vorgepresstes „Tach!”. Puh, damit habe ich sie doch fast geknackt. Ist ja richtig zum Knuddeln, meine „Gretel“. Nähme ich mir jetzt 15 Minuten, dann könnte es mit dem Anschluss vielleicht doch noch klappen. Für die Märker braucht man nun einmal etwas Geduld, und dann kann das auch richtig nett werden. Das wusste ja schon unser geschätzter Mark-gereister Theodor. Nun gut, geduldig bin ich dann beim nächsten Mal. Jetzt nutze ich erstmal meinen eigenen Schienenersatzverkehr und radle ins Zentrum von Krahne.

 

MARK RADLER will return …