Ein Grenzfall – Golzow a.d. Plane
Von Krahne über Lucksfleiß kommend fährt Mark Radler – entlang der Planeniederung – ins einstige Grenzstädtchen Golzow ein.
Aus der Bahn
Kurz bevor wir über die Wolliner Straße in Golzow einfahren, überqueren wir erneut die Gleise der 2003 stillgelegten „Brandenburgischen Städtebahn”, die man hier, zwischen Brandenburg und Belzig, eigentlich auch etwas prosaischer „Planebahn” hätte nennen – und damit besser vermarkten – können. Richtig, auch Golzow liegt am „grünen Strand” der Plane. Beurteilt man den Ort nach seinem vergleichsweise stattlichen Bahnhof, dann muss Golzow zu den bedeutenderen Orten entlang der Plane zählen.
Viel Wehr in Golzow
Am Ende der Wolliner Straße stoßen wir auf die recht stark befahrene Belziger Straße (B 102). Nach all der Ruhe im Planetal ist das fast schockierend laut und hektisch. Leicht panisch flüchte ich mich nach links in eine ruhige Seitenstraße, die mich erfreulicherweise direkt zur Plane geleitet. Und dort erwartet mich zu meiner großen Freude eine weitere Wehranlage, wie ein Schild des Landesumweltamtes verkündet. Ich frage mich allerdings verwundert, seit wann das Landesumweltamt für Burgen und Wehranlagen zuständig ist.
Ein deutlich zu vernehmendes Wasserrauschen macht mir zu meiner großen Enttäuschung bewusst, dass hier ein Wehr, also eine wasserwirtschaftliche Anlage gemeint ist. Hier will man sich nur gegen ausufernde Wassermassen wehren.
Direkt an der Plane fällt mir dann ein stilvoll restauriertes Gebäude auf. Ein Infoschild informiert über eine „Hennigs Mühle”, deren Ursprünge auf das Mittelalter zurückgehen. Urkundlich ist hier eine Mühle – mit Mühlrechten der von Rochows – seit 1351 belegt. Natürlich ist das heutige Gebäude deutlich jüngeren Datums, vermutlich stammt es vom Ende des 19. Jahrhunderts. Die jetzige Mühle wurde dann in den 1960er Jahren stillgelegt, zu einer Zeit, in der man für regenerative Energien keinen Bedarf mehr sah bzw. kein Verständnis hatte.
Heute dient das Mühlengebäude als „Altenhof” des Luise-Henrietten-Stifts Lehnin. Tatsächlich, da steht „Altenhof Wassermühle“. Ich staune, denn mit dem Begriff „Altenhof” verzichtet man hier auf die ansonsten allgegenwärtigen verbalen Schönfärbereien. Triste Altenheime gibt es ja ansonsten nicht mehr, sondern nur noch paradisische Heime für glückliche Senioren. Leider hat man mit der Tilgung des Begriffs der „Alten“ das Altern – und fürchterliche Heime – nicht auch gleich abgeschafft.
Nah an der Grenze
Direkt hinter der Plane stoßen wir dann auf einen im Halbrund verlaufenden breiten Graben. So in etwa hatte ich mir das vorgestellt. Ja, zugegeben, auf den Besuch in Golzow bin nicht ganz unvorbereitet. Aus einer kurzen Vorrecherche weiß ich, dass hier in Golzow einst eine Wasserburg stand. Unser halbrunder Graben ist auf genau diese einstige Wasserburg zurückzuführen. So hat Golzow doch tatsächlich eine „richtige“ Wehranlage zu bieten.
Man braucht zwar etwas Fantasie, um sich hier die Anlage einer stattlichen Wasserburg vorzustellen, die im Durchmesser immerhin etwa 60 bis 70 Meter maß, aber man kann durch den Verlauf des Burggrabens in etwa die Dimension der einstigen Burganlage erkennen. Und im Kern erhebt sich noch heute ein gut zu erkennender Burghügel. Freilich steht dort keine Burg und auch kein Schloss mehr, sondern eine Scheußlichkeit jüngeren Datums, die ob ihrer öden Hässlichkeit womöglich noch immer eine gewisse wehrhafte oder abschreckende Wirkung hat. Nur werden hier heute nicht üble Eroberer, sondern allenfalls interessierte Touristen oder Kulturreisende abgeschreckt.
Nun gut. Die Burg Golzow wurde in frühdeutscher Zeit – vermutlich in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, also in direktem Zusammenhang mit der deutschen Ostkolonisation, als märkisch-landesherrliche Grenzburg zum sächsisches Territorium hin errichtet. Ja, wir sind hier tatsächlich in ehemaligem Grenzland, an der südlichen Grenze der einstigen Mark Brandenburg angelangt. Man verwechsele hier bitte nicht die historische Mark Brandenburg mit dem heutigen Bundesland Brandenburg. Heute möchte man sich das gar nicht vorstellen, dass hier kurz hinter Golzow schon das Land der Sachsen und der „Pegidas” anfangen könnte. Wobei ich gleich anmerken möchte, dass ich mit den lieben Sachsen heftig mitfühle, werden sie in der öffentlichen Wahrnehmung derzeit doch häufig auf diese beschränkten “Idas” reduziert. Dabei gibt es so viele liebe Sachsen. Nu!?