Auf Grenzfahrt von Brück nach Klein Briesen
Diesmal geht’s vom brandenburgischen Brück, einem einstigen sächsischen Grenzstädtchen am Rande des Planetals, zu einem mittelalterlichen „Industriegebiet“ bei Klein Briesen.
Wer Grenzen überwinden will …
Auf der letzten Erfahrung war MARK RADLER durch den nördlichen Teil des Planetals – zwischen Krahne und Baitz – geradelt und war dabei immer wieder an die Grenze gekommen (z.B. MR No40). Nicht an seine, sondern an die einstige zwischen der Mark Brandenburg-Preußen und Kursachsen. Dabei hatte MARK RADLER erfahren, welch großen Einfluss diese Grenze bzw. der Umstand, auf welcher Seite dieser Grenze man damals lebte, für die Bewohner dieser Gegend über Jahrhunderte – bis in das 19. Jahrhundert hinein – hatte. Damals dürfte es für die Menschen hier nahezu unvorstellbar gewesen sein, dass diese Grenze eines Tages ohne jede Bedeutung sein könnte. Und heute ist sie genau das, sieht man einmal von ihrer historischen Bewandtnis ab. Überhaupt noch Spuren dieser Grenze zu finden, ist gar nicht so einfach. Wenn ich da an das Europa von heute, an aktuelle Tendenzen der erneuten Abgrenzung denke, dann sollte man die Hoffnung vielleicht doch nicht zu schnell verlieren …
… muss die Grenzen erst einmal (er-) kennen
Bei Ragösen war ich dann auf Hinweise gestoßen, dass dort in der Umgebung sogar mehrere original sächsische Grenzsteine aus dem 16. Jahrhundert erhalten geblieben sind. Leider wurde nirgends verraten, wo genau man diese Grenzsteine finden kann. Da ich nun einmal der Typ bin, der Geschichte – wenn möglich – an realen Orten und anhand authentischer Artefakte betrachten, begreifen und erleben möchte, ließ mich die bisherige „Unbegreiflichkeit” der Grenze etwas unbefriedigt zurück. Wenn es da also bei Ragösen über 400 Jahre alte Grenzsteine gibt, dann muss ich wenigstens einen davon gesehen und begriffen haben. Basta.
Bei meinen Recherchen im Internet wurde ich dann überraschend schnell fündig. In einem Artikel der Märkischen Allgemeinen fand ich den Hinweis auf Grenzsteine am Golzower Busch. Da wahrscheinlich der Golzower Busch, wie der Name sagt, zur urbrandenburgischen Ortschaft Golzow gehörte (s. MR No33 ff.), ist davon auszugehen, dass die brandenburgisch-sächsische Grenze an dessen Südseite verlief, wo dann auch die Grenzsteine zu erwarten sind. Dies schien mir ein ausreichend konkreterer Hinweis zu sein, womit mein erstes Ziel für die geplante „Vierte Erfahrung“ feststand.
Und dann hatte ich auch noch Glück, denn beim – zufälligen oder intuitiven? – Stöbern in einem archäologischen Ausflugführer (für den Südwesten Brandenburgs) stieß ich auf einen Beitrag über Grenzsteine in der Nähe von Klein Briesen, das westlich von Ragösen liegt. In diesem Büchlein findet sich eine recht genaue Standortangabe für zumindest einen der gesuchten Grenzsteine. Somit stand auch mein zweites Ziel fest.
Das ist der Hammer (bei Klein Briesen)
Aber was mich dann fast vom Hocker gerissen hat, war die Beschreibung eines historischen Eisenhammers bei Klein Briesen, der urkundlich erstmals durch die kursächsische Landesvermessung des 16. Jahrhunderts dokumentiert wurde, obwohl er – bereits damals – auf brandenburgischem Gebiet lag.
Unter einem Eisenhammer ist ein wassergetriebenes Hammerwerk mit meist angeschlossener Eisenverhüttung – aus vor- und frühindustrieller Zeit – zu verstehen. Nach der Beschreibung des archäologischen Reisführers zeugen noch heute ein verzweigtes Netz von Gräben und Dämmen sowie die Reste einer Schlackehalde auf eine einst sehr bedeutende Anlage hin, deren Ursprünge sogar bis ins Mittelalter zurückreichen. Wow!
Ihr möget angesichts dieser Beschreibung ins Gähnen geraten, mich hat sie sofort in ihren Bann gezogen, denn dieses Bodendenkmal ist als Zeugnis früher (mittelalterlicher) Industriegeschichte von herausragender Bedeutung. Mittelalter bedeutet eben nicht nur Stadtmauern, Burgen und Kirchen. Denn was vielfach übersehen wird, ist, dass das Mittelalter nicht nur rückständig und düster war, sondern mitunter auch sehr fortschrittlich und innovativ. Und im Unterschied zu vielen anderen Bodendenkmalen sind hier sogar noch sichtbare Spuren zu finden.
Plötzlich waren die Grenzsteine fast nur noch Nebensache (aber nur fast). Um den Standort des historischen Eisenhammers möglichst genau orten zu können, benutzte ich mal wieder den Brandenburg Viewer, genauer gesagt, das dort abgebildete digitale Geländemodell (DGM). Wie erhofft, zeichnet sich dort die von Dämmen und Gräben markierte Anlage deutlich ab, was mir das konkrete Auffinden im Gelände erleichtern sollte.
Mission Sachsensteine und märkischer Eisenhammer
Blieb nur noch die Frage des Startpunktes zu klären. Meine Wahl fiel schnell auf das einstige sächsische Grenzstädtchen Brück am Rande des Planetals, wo es im Mittelalter auch eine sächsische Grenzburg gegeben hat. Das schien mir insbesondere als Startpunkt für die Suche sächsischer Grenzsteine sehr passend, zumal Brück mit dem RE7 von Berlin-Wannsee in nur 32 Minuten zu erreichen ist – vorausgesetzt der Zug ist nicht mal wieder überfüllt (s. MR No55). Von Brück nach Klein Briesen sind es dann etwa 25 km mit dem Rad – und dabei gibt’s sicher wieder viel zu erfahren.