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Mark Radler

Notizen aus der Provinz

No29 / 14. Mai 2017

Zwischen Elbe und Havel

Wie in Teil 1 von „Havel rauf“ verkündet (MR No28), wollen wir vom Havelende etappenweise die Havel aufwärts bis zur Quelle erkunden. Zuerst und zuletzt hatten wir uns das künstliche Havelende bei Gnevsdorf in der Prignitz angeschaut. Unsere zweite Etappe folgt dieser künstlichen Havel, die hier auch als Gnevsdorfer Vorfluter bezeichnet wird, bis zu ihrem Ursprung nahe der Ortschaft Quitzöbel.

Von Gnevsdorf gibt es zwei Möglichkeiten havelaufwärts zu radeln. Entweder folgt man dem Deichweg nördlich der Havel (Gnevsdorfer Vorfluter) oder man fährt über das Gnevsdorfer Wehr auf das Elbdeichvorland und von dort bis zu den Wehranlagen bei Quitzöbel. Letzterer Weg ist zweifellos der attraktivere, führt er uns doch zwischen Havel (Vorfluter) und Elbe tief in und durch die Elbaue und bietet dabei eine Fülle überwältigender Landschaftseindrücke. In diesem Abschnitt beeindruckt uns die Elbe freilich weit mehr als der kanalartige Havel-Vorfluter.

Havel-Vorfluter

Ausgangspunkt der Radtour ist der Bahnhof Bad Wilsnack, der von Berlin mit der RE 2 in etwa 1 ½ Stunden zu erreichen ist. Die Anfahrt von Bad Wilsnack zum Havelende bei Gnevsdorf beträgt auf kürzestem Weg etwa 8,3 Kilometer. Der erste Abschnitt der eigentlichen Haveltour von Gnevsdorf zur Wehrgruppe bei Quitzöbel macht gut 10 km aus.

Havel-Vorfluter bei Abbendorf

Elbe bei Abbendorf

Auf etwa zwei Drittel der Strecke (bis zu den Wehranlagen bei Quitzöbel) verläuft die Grenze zwischen den Bundesländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt etwa in Elbmitte. Im Verlauf eines gut erkennbaren Havel-Altarmes quert die Landesgrenze dann unseren Weg, was uns auch durch eine – uns in Sachsen-Anhalt begrüßende – Infotafel aufgezeigt wird, und wir gelangen auf sachsen-anhaltinisches Territorium. Und wer genau hinsieht, erkennt hier auch einen Wechsel im Teerbelag des Weges. Besagter Havel-Altarm dürfte vor dem Ausbau des Vorfluters das letzte natürliche Ende der Havel gewesen sein und stellt sich heute als attraktives Stillgewässer dar.

 

Havelaltarm auf dem Unterwerder

Havelaltarm

Vielleicht klingt das manchem zu pathetisch, aber das macht die Aussage trotzdem nicht ungültig: Was der Rhein für die Deutschen ist, das ist die Havel für die Märker. Stelle man sich nur diese eine Frage: Was wäre die Mark Brandenburg ohne sie, die Havel? Kaum vorstellbar. Grund genug, die Havel zu erfahren.

Ab diesem Altarm gewinnt die – nun weitgehend naturnahe – Havelaue zu unserer Linken zweifellos an landschaftlicher Qualität. Man kann sich hier gar nicht satt sehen an der Doppelflusslandschaft. Auf der rechten bzw. südlichen Seite grüßt dann auch noch das Altmarkstädtchen Werben herüber, wobei uns insbesondere die mittelalterliche Stadtkirche St. Johannis auffällt. So viel anders dürfte Werben auch dem Reisenden im Mittelalter nicht erschienen sein.

Blick auf Werben

Kurz darauf stoßen wir auf die wasserbaulichen Anlagen bei Quitzöbel. Auch wenn der natürliche Charakter der Flusslandschaft durch diese Bauten sehr nachteilig verändert wurde, kann auch ich mich der Faszination dieser technischen Anlagen nicht entziehen. Als erstes stoßen wir auf das frisch sanierte Wehr Neuwerben, dass zum Land Sachsen-Anhalt gehört und eine direkte Verbindung von der Havel zur Elbe sichert. Dies ist also das zweite Havelende.

Havelende bei Werben

Wehr Neuwerben

Folgen wir nun dem Weg zum brandenburgischen Quitzöbel, dann passieren wir zwei weitere Wehranlagen, die allerdings dem Land Brandenburg gehören. Es handelt sich um die Wehranlage Altarm Quitzöbel und das so genannte Durchstichwehr Quitzöbel.

Durchstichwehr Quitzöbel

Die Havel ist mit einer Länge von etwa 334 Kilometern der längste rechtsseitige Nebenfluss der Elbe. Dabei beträgt die direkte Entfernung zwischen Quelle und Mündung gerade einmal 94 Kilometer, was sich durch einen großen ­– U-förmigen – Bogen erklärt, mit dem die Havel den Kern der Mark – meist geruhsam – umfließt. Manche Spötter meinen ja, dieser Hang zu umständlichen Umwegen sei auch typisch für den Märker, aber vielleicht kommt dabei nur der Neid für eine zutiefst humane Lebensphilosophie konsequenter Entschleunigung zum Ausdruck. Wie dem auch sei, die Havel entspringt im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, durchfließt Brandenburg, Berlin (na, eher ist es Spandau bei Berlin) und Sachsen-Anhalt und mündet an der Grenze zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt – am Prignitzdörfchen Gnevsdorf – in die Elbe. Immerhin 285 Flusskilometer verlaufen in Brandenburg. Der Höhenunterschied der Havel beträgt lediglich 40,6 Meter. Durch regulierende Wehre und Schleusen und dank der zahlreichen seenartigen Erweiterungen zeichnet sich die Havel durch eine sehr konstante Wasserführung aus. Gefährlich hohe Wasserstände bzw. Hochwässer sind selten und werden eigentlich nur im Havelunterlauf von Elbhochwasser ausgelöst.

Streitwerder (Havelaue) bei Quitzöbel

Kommen wir nun noch kurz zur alternativen Route über den Deichweg nördlich der Havel. Wählen wir von Gnevsdorf diese nördliche Route, dann kommen wir nach gut 2 Kilometern an Abbendorf vorbei, das im Jahr 1413 als Appendorf erstmals urkundliche Erwähnung fand. Der Ortsname ist wohl deutschen Ursprungs und bezieht sich auf den Personennamen – möglicherweise eines Lokaters – Abbo. Erwähnt werden soll die spätgotische Backsteinkirche des Ortes, die vermutlich im späten 15. Jahrhundert errichtet wurde (der Turmanbau stammt allerdings aus dem 19. Jahrhundert). Und nicht zu vergessen ist der sehr ruhig gelegene Landgasthof Dörpkrog an Diek, wo sich Mark Radler einen sehr leckeren Mascarpone-Streuselkuchen und einen Pott Kaffee genehmigte.

Abbendorf

Weiter östlich führt der Deichweg etwa 500 Meter an der Ortschaft Quitzöbel vorbei, das 1310 erstmals als Quitzhovel urkundlich in Erscheinung trat. Das mittelniederdeutsche Wort Quitzhovel bedeutet so viel wie „Quitzows Hügel“ und verweist darauf, dass der Ort seit der deutschen Machtübernahme im Mittelalter im Besitz des später berühmt-berüchtigten Adelsgeschlechts der Quitzows war. Und damit geraten wir auf unserer Haveltour in urbrandenburgische Gefilde. Noch heute wird der Name Quitzow vor allem mit dem so genannten Raubrittertum in Verbindung gebracht. Ohne Frage gehörten die Quitzows gegen Ende des 14. Jahrhunderts zu den mächtigsten Herrschaften in der Mark Brandenburg. Aus Quitzöbel stammte immerhin der verrufenste aller „Quitzow-Raubritter“, nämlich der Dietrich von Quitzow, der sich zum Gegenspieler des Kurfürsten Friedrichs I. aufschwang, sich diesem aber letztlich beugen musste.

Quitzöbel

Havelblick Richtung Nitzow

„Alter Havelort“ bei Neuwerben

MARK RADLER will return …

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